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Zweierfahrt 2002 - Die
Fahrt der Verluste
Wie in jedem Jahr hatten wir in diesem
Jahr eine Tour geplant. Wir wollten vom Tollense See über die Tollense,
die Trebel und die Recknitz über den Bodden nach Stralsund gelangen.
1. Tag Am Tag der Abfahrt das nächste
Problem. Seppel hatte kurz vorher abgesagt, so dass wir nur noch zu viert
waren.
2.Tag Am Morgen dann der Schock. Nach dem
Frühstück stellten wir fest, dass wir beklaut worden waren. Sämtliche
schmackhaften Esswaren waren weg sowie alle leeren Bierflaschen, insgesamt
ein Schaden von fast 150 Euro. Nach Besichtigung des Wehrs am Tollense
Abfluss luden wir die Boote auf und umfuhren das Wehr, wo wir dann etwa
1 Km unterhalb an einer Kanueinsetzstelle unsere Fahrt beginnen konnten.
Die Tollense ist hier sehr schmal und kurvig. Der Ausfall unserer Steuerleute
machte sich doch ziemlich schmerzhaft bemerkbar.
3. Tag Am Morgen extra früh aufgestanden
um die verlorene Zeit aufzuholen – aber umsonst - Regen ohne Ende. Also
aus der Not eine Tugend gemacht und Stefan versucht Doppelkopf beizubringen
(die Ergebnisse waren entmutigend- wir haben es auf dieser Fahrt bei diesem
einen Versuch belassen). 14 Uhr dann Abfahrt bei einer kurzen Regenpause.
Eine Stunde gerudert bei Nieselregen. Gott sei Dank - der Hauptregen war
ja wie wir wissen in Bayern und Österreich. Die Tollense selbst
überraschte uns mit einer Landschaft, wie wir sie nicht erwartet
hatten, Mäander ohne Ende. Auf der Strecke zwischen Altentreptow und
Klempenow
4. Tag Auch das nächste Wehr war gezogen - einfach super. Kurze Zeit später versperrte uns ein umgestürzter Baum die Weiterfahrt. Aber auch dieses Hindernis haben wir gemeistert, mit einem unfreiwilligen Bad von Geisl und leider auch mit einem kleinen Bootsschaden an Heiners Boot, wie wir aber erst Tage später feststellen sollten. Kurz vor Demmin gönnten wir uns dann noch einmal eine Pause. Bei der Abfahrt vergaßen wir unsere halb ausgetrunkene Flasche Eierlikör. Als wir unseren Lapsus bemerkten (etwa nach 50 Metern) waren schon Jugendliche dabei diese Flasche zu konfiszieren, wir konnten dieses gerade noch verhindern. In Demmin frischten wir bei NETTO unsere arg dezimierten Vorräte auf und verspeisten ein paar Hühnerbeine. Nach einem kurzen Stück Peene bogen wir in die Trebe stromauf ein. Wir hatten uns vorgenommen, noch zirka eine Stunde zu Rudern und einen Zeltplatz zu suchen. Dies war aber gar nicht so einfach - Schilf auf beiden Seiten ohne Ende. Hier bewahrheitete sich wieder einmal Herberts Spruch: „Die meisten Kilometer macht man beim Zeltplatz suchen.“ Zu allem Überfluß spürte ein Ruderkamerad dann auch noch einen unwiderstehlichen Druck im Darm, es fand sich aber keine geeignete Anlegestelle. Nach 20 min vergeblichen Suchens waren die Sinne des RK bereits so benebelt, dass er einen Algenteppich mit einer Wiese verwechselte – der Irrtum klärte sich unmittelbar beim Aussteigen auf. Kurz vorm Dunkelwerden fanden wir dann eine halbwegs günstige Anlegestelle. Während die älteren Ruderkameraden zeitig ins Bett gingen beobachteten Stefan und Geisl bei einem gemütlichem Bier noch den Sternschnuppenhimmel. 5. Tag Am Vormittag legten wir die restlichen Kilometer auf der Trebel bis Tribsees zurück und setzten dann mit dem Hänger die 7 km nach Bad Sülze zur Recknitz über. Bevor wir weiter ruderten wollten wir unsere Vorräte noch auffrischen, doch leider vergeblich, in Bad Sülze war komplett Stromausfall. Es gelang uns lediglich unsere Getränkevorräte etwas aufzufrischen, aber das war ja auch das Wichtigste. Beim Einsetzen in die Recknitz hatten wir dann einen heftigen Disput mit einigen Anglern, die diesen Fluss als ihr Eigentum betrachteten. Natürlich haben wir uns davon nicht schocken lassen und konnten unsere Fahrt fortsetzen. Und wieder Schilf, Schilf, Schilf ohne Ende. Kurz bevor wir aufgeben wollten fanden wir einen super Rastplatz, wo wir am Lagerfeuer unseren ersten Liederabend genießen konnten. 6. Tag Super Wetter, Bremsen ohne Ende. Bereits nach wenigen Minuten waren wir vollkommen zerstochen. Unterwegs überholten wir dann mehrere Schlauchboote der Bundeswehr mit jungen Rekruten, die sich in der Ausbildung befanden. Thema: Kennenlernen des Bootsmaterials, Handhabung des Paddels. Von der Hitze geplagt und ziemlich zerstochen liefen wir in Dammgarten in den dortigen Hafen ein und legten beim Ruderverein Dammgarten an, wo wir auch 2 Ruderer trafen. Der eine war der Bootswart und erzählte uns, dass Helmut Rinas von Rotation jetzt hier Mitglied sei, der andere entpuppte sich als Fan von Achim - und kannte ihn aus früheren Tagen. Wie es sich für einen Donnerstag gehört nahmen wir unser Mittagessen im Anglerheim von Dammgarten ein. Anschließend ging es die letzten Kilometer zum Bodden. Die ganze Woche hatte uns ein leichter Westwind entgegen geblasen, so dass wir auf dem Bodden nach einer Kurve bei unserer Fahrt gen Osten auf Rückenwind hofften. Leider hat sich hier Heiners Theorie bewahrheitet, das man bei 90 % seiner Fahrten Gegenwind hat. Aus diesem Grund gab es dann in einem Boot auch kurzzeitig eine leichte bis mittelschwere Verstimmung. Bei ziemlichem Wellengang fuhren wir schräg über den Bodden nach Born, um auf dem dortigen Zeltplatz unser Quartier aufzuschlagen. Dumm wie wir sind haben wir uns beim Zeltplatzwart gemeldet und richtig gelöhnt. Für das Geld hätten wir uns ein Luxusquartier leisten können. 7. Tag Noch zwei Tage und noch 80 km bis
Stralsund, unserem Fahrtenziel. Also hieß die Devise: Kilometer aufholen.
Was wir noch nicht wissen konnten: Erstens kommt es anders – und zweitens
als man denkt. Erste Pause nach zirka einer Stunde in einer windgeschützten
Ecke direkt vorm Bodstedter Bodden. Als nächste Etappe wollten wir
diesen Richtung Zingster Brücke überqueren. Gegenwind und ziemlicher
Wellengang ließ uns diskutieren, welches wohl der geeignetste Weg
wäre. Die Meinungen gingen auseinander. Von Buchten ausfahren (ca.
12 km) bis quer rüber (ca. 7 km) war alles dabei. Ergebnis: Direkter
Weg. Trotz heftigen Wellenganges schien es die richtige Entscheidung zu
sein. Während Heiner und Stefan in ihrem Zweier relativ problemlos
bereits zwei Drittel des Weges gemeistert hatten, mussten Achim und Geisl
genau in der Hälfte (Tonne 58) das erste Mal halten, um zu schöpfen.
Geisl wollte gerade geeignetes Schöpfmaterial aus dem Bug holen,
als eine Welle Achims Knüppel aus der Dolle drückte - und das
war`s dann auch. Achim versuchte noch mit einem Hechtsprung aus dem Boot
dieses zu stabilisieren, aber vergeblich. Die Kenterung war unvermeidlich.
Nachdem wir aus den Fluten aufgetaucht waren und sich der erste Schock
gelegt hatte stellten wir mit Erleichterung fest, dass unsere anderen Ruderkameraden
unseren Abgang bemerkt hatten und uns zu Hilfe eilten. Dies war auch nötig,
denn bis zum Ufer waren es ca. 2,5 Kilometer. Währen wir nun auf die
Beiden warteten vollzog sich auf unserem Boot eine Explosion in Zeitlupe.
Sämtliche Gepäckstücke verließen in verschiede Richtungen
unser Boot. Geistesgegenwärtig haben wir wenigstens die Rollsitze
geborgen. In einer weiteren heroischen Aktion wurde Heiners heiß
geliebter, mehrzwecktauglicher, erster Weltkrieg getesteter Campingtisch
vor dem Untergehen gerettet und in den anderen Zweier gehievt. Dann hatte
Geisl die (wie wir hinterher zugeben mussten ) idiotische Idee das
vollgeschlagene Boot kieloben zu drehen, um dann mit einem Schwung die
Rückdrehung zu versuchen - mit dem Ziel, möglicher Weise etwas
Wasser aus dem Boot zu bekommen und den Rest dann abzuschöpfen. Natürlich
musste bei diesem Wellengang dieser Versuch fehlschlagen. Zusätzlich
verließen uns mit lautem Rumpeln die letzten im Boot verbliebenen
Getränkereserven in Richtung Grund. Also war Abschleppen angesagt.
Auf Grund der Wellen und des umgeschlagenen Bootes war Abschleppen mit
Seil nicht möglich, also klemmte sich Geisl zwischen die
Boote und musste als Seil fungieren während Achim hinten schob. Die
Fahrt Richtung Ufer glich einer Fahrt durch ein Trümmerfeld, überall
schwammen rechts und links alle möglichen Utensilien: Kochtöpfe,
die Gasflasche, jede Menge Sachen und vor allen Dingen unsere Seesäcke
mit dem Geld darinnen. Jedenfalls dauerte es über eine Stunde bis
wir die 2,5 Kilometer bis zum Strand zurück gelegt hatten. Die rudernde
Mannschaft (Stefan und Heiner) bezeichneten dies als heroische Leistung
während der schwimmende Teil der Korona dies als lasch bis Weichei
bezeichnet sehen will. An Land angekommen hatten wir Glück. Stefan
kaperte einen auslaufenden Segler und begab sich zurück zur Unglücksstelle,
um möglichst viel von unseren herum schwimmenden Gepäckstücken
zu retten. Während wir auf Stefan warteten, preschte auf einmal der
Wasserschutz heran. Ob wir etwas über die „Marie Ann“ wüssten?
Hintergrund – ein pfiffiger Segler hatte mitten auf dem Bodden einen Skull
mit dem Namen „Marie Ann“ gefunden, von uns jedoch nichts bemerkt, so daß
er den Seenot-Rettungsdienst rief - in der Annahme, uns wäre etwas
schlimmes passiert. Selbst wenn, genützt hätte es auch nichts,
als der Seenot-Rettungsdienst kam waren bereits 2,5 Stunden seit unserer
Kenterung vergangen. Kurz darauf kam Stefan wieder, sowie auch besagter
Segler, der den Notruf abgesetzt hatte - mit jeder Menge unserer Klamotten.
Das hob die Stimmung unserer Mannschaft mächtig und wir mussten uns
natürlich bei unseren Helfern mit ein, zwei.... Schnäpsen bedanken.
In der Zwischenzeit kamen noch ein Paar Turnschuhe und ein Bodenbrett angetrieben.
Als nächstes Bestandaufnahme: Neben vielen anderen Dingen war auch
Achims Zelt untergegangen.
8. Tag Zeitiges Aufstehen war angesagt.
Noch 50 Kilometer bis Stralsund. Der Plan im dortigen Bootshaus anzukommen,
sollte gehalten werden. Spannende Frage: Wie wird der Wind? - wir wollten
am letzten Tag einmal Schiebewind haben. Zunächst keine Chance. Windstille,
dafür Sonne satt. Zusammen mit mehreren Ausflugsdampfern verließen
wir Zingst durch den Zingster Strom. Beim Einbiegen in den Saaler Bodden
überholte uns einer dieser Dampfer und hätte uns fast mit seiner
auflaufenden Heckwelle versenkt. Und dann - Bodden endlos. Kein Wind. Brütende
Sonne. Nachdem Heiner in den letzten drei Tagen über den Wind geschimpft
hatte, verlangte er nun nach diesem - sein Wunsch wurde erhört. Gegenwind!
Kurz vor der Insel Bug machten wir noch einmal mitten im Bodden Pause.
Wassertiefe 20 cm. Irres Gefühl. Und dann endlich ist Hiddensee in
Sicht. Einbiegen in den Strelasund in Richtung Stralsund. Pause in Barhöft.
Es ist geschafft! Die letzten 14 Kilometer kann ja nun nichts mehr passieren
- dachten wir. Zunächst einmal Mittag kochen, dann raffte es die völlig
erschöpften Mannschaften zu einem Nickerchen dahin. In der Zwischenzeit
hatte der Wind kräftig aufgefrischt und ein wenig gedreht, so daß
der Wind nun schräg von vorne aus Richtung Kubitzer Bodden
kam und sich voll austoben konnte. Kurze Zeit später hatten Heiner
und Geisl erste erhebliche Probleme. Es musste mehrfach geschöpft
werden, dann die nächste kritische Situation. Während Geisl schöpfte
und Heiner das Boot stabilisierte drückte die nächste Welle Heiners
Skull aus der Dolle. Instinktiv machten wir dieses mal alles richtig und
hatten Schwein, wir konnten das Kentern verhindern. Anschließend
heftige Wutausbrüche über diese Scheiß! Dollen. Zwischendurch
wurde in Heiners und Geisls Boot die Befürchtung laut, daß wir
es auch dieses mal nicht schaffen würden. Aber die Motivation war
groß. Nachdem wir 2 Jahre vorher bei der Fahrt über die Peene
50 Meter vor dem Bootssteg vor Stralsund abgesoffen waren, hatten wir diesmal
den unbedingten Ehrgeiz rudernd und nicht schwimmend an’s Ziel zu
kommen. Nun ja, es ist uns gerade so gelungen, so ca. 200 Meter hätten
wir vermutlich noch geschafft. Am Steg wurden wir von Maik, Neumi und Lotze
begrüßt, die im Bootshaus Einschulung feierten. Die Frage, woran
sie uns erkannt hatten wurde kurz und präzise beantwortet: „Wenn man
in der Ferne bei Wellengang, wenn alle anderen zu Hause bleiben, 2 offene
und voll beladene nicht seetaugliche Zweier entdeckt und die Ruderer noch
rote Jerseys anhaben, dann können das nur die bekloppten Berliner
sein. Nachdem wir uns dann an den Grillresten laben durften machte sich
dann doch die Müdigkeit breit und der Tag ging relativ jung zu Ende.
Verluste • geklaut:
• weggeblasen:
• untergegangen:
Besonderheiten
Fazit der Fahrt
notiert von Geisl |
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